Stuhltransfer: Was ist das und wie funktioniert es?

Reizdarm-Kompass
Stuhltransfer, auch bekannt als Stuhltransplantation oder fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT), ist ein medizinisches Behandlungsverfahren, bei welchem Stuhl von einem / einer gesunden Spender(in) in den Darm eines / einer Empfänger:in übertragen wird. Der Zweck des Stuhltransfers besteht darin, das Gleichgewicht des Darmmikrobioms (umgangssprachlich „Darmflora“) des Empfängers wiederherzustellen, indem gesunde Darmbakterien des / der Spender:in in den Darm eines / einer Empfänger:in übertragen werden. Streng genommen wird dabei nichts transplantiert, sondern die Mikroorganismen-Vielfalt eines gesunden Darms in einen anderen, erkrankten Darm übertragen.

Der Prozess des Stuhltransfers an sich ist relativ einfach, jedoch in der Findung von geeigneten Spender:innen und die Aufbereitung sehr komplex und herausfordernd. Zuerst werden in Frage kommende Spender gesucht und untersucht. Dabei werden in Deutschland sehr strenge Auswahlkriterien für geeignete Spender:innen angesetzt und sind im Vergleich zu Blutspendern sehr viel aufwändiger. 

Denn die möglichen Stuhlspender:innen werden nicht nur auf zahlreiche Parameter und die bakterielle Zusammensetzung ihres Stuhls untersucht. Sie dürfen darüber hinaus keinerlei Erkrankungen haben und müssen normalgewichtig sein. Außerdem dürfen sich potentielle Spender:innen in den letzten 6 Monaten nicht in fernen, exotischen Ländern aufgehalten, keinen Patientenkontakt in Krankenhäusern oder Tierkontakt in der Landwirtschaft gehabt haben. Ebenso müssen schwerwiegende Infektionskrankheiten wie Hepatitis oder Tuberkulose unbedingt ausgeschlossen werden. Überdies muss die Darmmikrobiota, also die Darmbakterien des Spenders / der Spenderin, auf antibiotikaresistente Bakterien untersucht werden. Eine solche Bakterienbesiedlung muss nämlich zwingend ausgeschlossen werden. Darüber hinaus gibt es weitere Klinikspezifische Spender-Auflagen.

Sind alle Kriterien seitens der Spenderin / des Spenders erfüllt, wird  die Stuhlspende in einem Labor aufbereitet. Die / der behandelnde Ärztin / Arzt gibt dann das aufbereitete Stuhlpräparat in den Darm des Empfängers / der Empfängerin. Dabei kommen für den Stuhltransfer verschiedene Verabreichungsmethoden wie Endoskopie, Koloskopie oder in Form einer Kapsel zur oralen Einnahme in Frage.

Wofür und bei welchen Erkrankungen wird Stuhltransfer in der Therapie eingesetzt?

Der Stuhltransfer hat sich derzeit bei der Behandlung von Clostridium-difficile-Infektionen (CDI) behauptet. CDI ist eine schwere Infektion des Darms, die durch die Überwucherung von schädlichen Bakterien im Darm verursacht wird. Es tritt normalerweise bei Patienten auf, die Antibiotika eingenommen haben und dadurch die Zusammensetzung und Vielfalt der Darmflora gestört wurde, sodass sich das Bakterium Clostridium-difficile ungehindert ausbreiten konnte. Dies führt zu massiven Durchfällen, die nur schwer mit weiteren Antibiotika behandelbar sind. 

Stuhltransplantationen haben sich als sehr wirksam bei der Behandlung von Clostridium-difficile-Infektionen erwiesen und werden inzwischen vermehrt zur Therapie eingesetzt. Außerdem zeigen erste wissenschaftliche Erkenntnisse, dass ein Stuhltransfer für Patientinnen und Patienten, die an Colitis ulcerosa leiden, in einigen Fällen hilfreich sein können. Es können wohl auch Phasen bis zur Beschwerdefreiheit damit erreicht werden, was aber nicht mit einer Heilung gleichzusetzen ist. Denn weitere Schübe können trotz Stuhltransplantation nicht ausgeschlossen werden. 

Ebenso konnten noch keine gesicherten Erkenntnisse und Studien darüber Aufschluss geben, ob eine Stuhltransplantation bei Morbus Crohn oder auch dem Reizdarm-Syndrom eine mögliche Therapieoption sein können. Hier ist die Datenlagen noch sehr uneinheitlich und es wird weiter daran geforscht.

Stuhltransfer bei Reizdarm und CED: Was sagen die medizinischen Fachleute?

Die Expertinnen und Experten sind sich einig, dass es derzeit nicht ausreichend bewiesen ist, dass Stuhltransfers bei Reizdarm und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wirksam sind. Es gibt zwar erste positive Daten aus Studien, die darauf hindeuten, dass die Transplantation von Stuhl von gesunden Spendern das Gleichgewicht der Darmmikrobiota von Reizdarmpatienten und CED-Patienten wiederherstellen und zu einer signifikanten Symptomreduktion führen kann. Aktuell ist es aber noch zu früh, um Stuhltransfers bei Reizdarm und CED als Standardtherapie zu empfehlen.

„Grundsätzlich weiß man heutzutage noch nicht genau, warum manche Patienten auf den fäkalen Mikrobiomtransfer ansprechen und andere nicht. Auch das ist Gegenstand der Forschung“, laut Prof. Dr. med. Andreas Stallmach, Direktor der Klinik für Innere Medizin IV für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionlogie am Universitätsklinikum in Jena. 

Was sind die Vorteile von Stuhltransfer in der Therapie?

Stuhltransfer hat einige Vorteile gegenüber herkömmlichen Behandlungen für Menschen mit CDI. Es ist einerseits sehr gut wirksam und in vielen Fällen ist eine vollständige Genesung von CDI deutlich erkennbar im Vergleich zur weiteren Antibiotika-Therapie. Zum anderen ist der Stuhltransfer eine sichere Therapie und hat nur wenige Nebenwirkungen für die Patientinnen und Patienten. Im Gegensatz zu Antibiotika, die den Darm und allgemein die Darmbakterien schädigen und zu Durchfall und Übelkeit führen können, hat Stuhltransfer, wenn dieser professionell in einer Klinik durchgeführt wird, nur milde Nebenwirkungen wie Blähungen und Krämpfe.

Des Weiteren ist in den meisten CDI-Fällen nur eine einmalige Gabe bzw. Verabreichung des Transferstuhls notwendig und damit für die Patient:innen eine schnell wirksame Therapie. 

Wie sicher sind Stuhltransfer?

Obwohl Stuhltransfers als sicher gelten, gibt es einige Risiken, die mit der Behandlung verbunden sind. Zum Beispiel kann es bei der Verwendung von nicht sauber aufbereitetem Stuhl oder bei unsachgemäßem Gebrauch zu Infektionen oder Ansiedlung unerwünschter Bakterien und Keime kommen. Es gibt auch das Potenzial für unerwünschte Immunreaktionen oder allergische Reaktionen auf das aufbereitete Stuhlpräparat. Daher sollte der Stuhltransfer nur von erfahrenen Fachleuten in darauf spezialisierten Einrichtungen durchgeführt werden, die die strengen Vorgaben für eine FMT vollständig erfüllen. 

Ob ein Stuhltransfer auch für Sie bei CDI oder anderen Erkrankungen mit Veränderung der Darmmikrobiota in Frage kommen kann, wird Ihr(e) behandelnde(r) Arzt / Ärztin mit Ihnen individuell besprechen.